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Leadership für eine neue Bauwirtschaft

  • März 2025
  • 4 Min. Lesezeit

Die Bauindustrie hat das Potenzial, die Zukunft aktiv zu gestalten und Lösungsräume für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu schaffen. Doch dafür muss die Branche die Chancen der nachhaltigen und digitalen Transformation aktiv nutzen. Was es jetzt braucht, sind Führungspersönlichkeiten, die auf dem starken Fundament der Branche aufbauen – und den Wandel zur Chefsache machen.

Zukunft gestalten: Führungsstärke für eine neue Bauwirtschaft

Allzu oft wird der enorme Wertbeitrag der Bauindustrie als Wirtschaftsfaktor von der breiten Öffentlichkeit und der Politik übersehen – ebenso wie ihr großes Potenzial als Zukunftsgestalter in Wirtschaft und Gesellschaft.

Wie stiefmütterlich die Bauindustrie behandelt wird, zeigt ein Vergleich mit der Automobilindustrie: Die Bauindustrie leistet mit rund 6 Prozent1 einen höheren Beitrag zur deutschen Bruttowertschöpfung als die Automobilbranche (rund 5 Prozent)2 – und sie beschäftigt mit mehr als 900.000 Mitarbeitenden3 bundesweit mehr Menschen als diese (rund 780.000 Mitarbeitende4).

Dennoch ist die Bauindustrie für die Politik höchstens ein Mittel zum Zweck: etwa als Erfüllungsgehilfe bei der Bekämpfung der Wohnungsnot. Oder als Dienstleister beim Umsetzen politischer Ziele beim klimafreundlichen Bauen. Die Bauwirtschaft selbst als Wirtschaftsfaktor und als gestaltende, innovative Kraft im Land fand bislang wenig Bedeutung. Derweil betonen Politiker:innen fortlaufend, wie wichtig eine zukunftsfähige, innovative Automobilindustrie für die deutsche Wirtschaft sei.

Eine ähnliche Geringschätzung der Baubranche zeigt sich kontinuierlich in den Wirtschaftsmedien. Vergleicht man die Berichterstattung großer Medien, zeigt sich ein starkes Ungleichgewicht: Während sich rund drei bis vier Mal so viele Artikel mit den Herausforderungen der Automobilindustrie befassen, drehen sich nur wenige Beiträge im weitesten Sinne um die Entwicklung in der Bauwirtschaft. Wieso diese Diskrepanz?

Mehr Führungsstärke, mehr Sichtbarkeit

Es ist höchste Zeit für die Unternehmen der Bauindustrie, das zu ändern – und sich aktiv den Herausforderungen der nachhaltigen und digitalen Transformation zu stellen. Dazu braucht es ein zeitgemäßes, entschlossenes Verständnis von Leadership an der Spitze der Unternehmen.

Warum ist die Leadership-Kultur in den Bauunternehmen hier so ein wichtiger Hebel?

Aktuell verlaufen typische Karrierepfade im Baugewerbe meist über Projektverantwortung. Der Schritt aus der Projekt- in die Linienverantwortung und in Executive-Positionen ist allerdings relativ weit, die erforderlichen Kompetenzen unterscheiden sich signifikant. Nur selten wird dieser Schritt von gezielten Entwicklungsmaßnahmen begleitet, die auf die neue, stärker strategisch geprägte Verantwortung vorbereiten.

Dementsprechend führen viele Führungspersönlichkeiten im Bau so, wie sie ihre Projekte geführt haben: mit einem Fokus auf Budgets und Meilensteine. Das ist kurz- und mittelfristig hocheffizient.

Dabei kommt jedoch bisweilen der Blick auf das „Big Picture“ und die langfristige strategische Weiterentwicklung der Unternehmen zu kurz. Margendruck, Regulatorik, Projektkomplexität und Gewährleistungsthemen tun ihr Übriges, die Innovationsdynamik und Veränderungsbereitschaft in der Branche zu dämpfen – ein Effekt, der sich auch auf die Bauzulieferindustrie auswirkt.

Fachkräfte und Führungspersönlichkeiten für Innovationsthemen aufbauen

Doch zugleich ist der Veränderungsdruck in der Baubranche stark: Fachkräftemangel, strengere Bau- und Produktionsvorschriften und ein steigender Verwaltungsaufwand fordern die Unternehmen heraus. Die Bauindustrie gehört zudem zu den energie- und ressourcenintensivsten Branchen überhaupt – der Druck, klimafreundliche Lösungen zu finden, ist daher besonders hoch.

Dazu brauchen die Bau- und Bauzulieferunternehmen Fachkräfte- und Führungspersönlichkeiten die es sich zur Aufgabe machen, Innovationen wie 3D-Druck, digitales Bau- und Projektmanagement (BIM), Robotik oder serielles Bauen voranzutreiben.

Wie könnten Leadership Teams für die Bauindustrie der Zukunft aussehen?

Executive Teams, die sich aus diesen Beharrungskräften lösen und die Transformation ihrer Unternehmen erfolgreich vorantreiben wollen, sollten sich jetzt auf diese drei Schritte zur Weiterentwicklung ihrer Führungskultur konzentrieren:

  1. Strategische Orientierung und Innovationskraft
    Ergebnisorientierung, Umsetzungsstärke und Kollaborationsvermögen in komplexen Umfeldern bringen die meisten Führungsteams in der Bauindustrie schon in besonders hohem Maße mit. Ergänzend sollten sie Führungspersönlichkeiten mit Innovations- und Strategieschwerpunkt in ihre Teams holen.
     
  2. Über den Tellerrand der eigenen Branche schauen
    Executive Teams müssen sich aus ihren engen Branchennetzwerken lösen und sich entscheiden, unterschiedliche und komplementäre Perspektiven in ihr Netzwerk und in ihr Führungsteam zu holen. Top-Führungspersönlichkeiten aus anderen Industrien können sowohl in Management- als auch in Aufsichtsrats- und Beiratspositionen wichtige Impulse liefern. Ein möglicher Weg, passende Kandidat:innen zu finden: In den 1990er-Jahren sind viele Bauingenieur:innen nicht in der Bauindustrie untergekommen und haben andere Industriekarrieren eingeschlagen. Unternehmen, denen es gelingt, diese Expert:innen für sich zu gewinnen, können ihre Erfahrungen aus anderen Branchen ebenso nutzen wie ihre Kenntnisse der Besonderheiten in der Bauindustrie.
     
  3. Gestaltungskraft sichtbar machen
    Viele Führungspersönlichkeiten aus der Bauindustrie meiden im Vergleich zu Vertreter:innen anderer Branchen die öffentliche Bühne. Öffentliche Wortmeldungen sind meist vor allem eine Reaktion auf aktuelle politische Entwicklungen und Entscheidungen. Die Fragmentierung der Industrie mit vielfältigen Verbänden und Initiativen kommt noch hinzu. Hier können lösungsorientierte und zukunftspositive Debattenbeiträge aus der Branche den Unterschied machen. Executive Teams sollten es sich zur Aufgabe machen, das Gestaltungspotenzial der Bauindustrie bei der Lösung der ökologischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen in den Vordergrund zu rücken. 

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