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Technology und Communications

Auf der Überholspur: Wie der schnelllebige Wettbewerb im Glasfaserausbau den deutschen Markt revolutioniert

Der wettbewerbsintensive Glasfasermarkt tritt in eine neue Phase der Konsolidierung ein – eine Herausforderung, gerade auch für die Führungsetagen deutscher Unternehmen. Entscheider:innen müssen erkennen, dass Strategien, die bislang gut funktioniert haben, zukünftig neu definiert werden müssen.

 

Wenn Sie durch eine deutsche Großstadt spazieren, wird sich Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein vertrauter Anblick bieten: aufgerissene Straßen und neu gegrabene Löcher, die Platz für Glasfaserkabel schaffen. Dieses Chaos ist in städtischen Gebieten auf dem ganzen Kontinent üblich und in vielerlei Hinsicht symbolisch für die Entwicklung des Glasfasermarktes selbst. Während die Konkurrenten um ihren Anteil an einem überfüllten Markt kämpfen, überleben und gedeihen einige, während andere ganz aus dem Rennen ausscheiden.

In Deutschland deutet vieles darauf hin, dass der Glasfasermarkt in eine neue Phase der Konsolidierung eintritt – ein maßgeblicher Schritt, der entscheidet, ob Unternehmen sich weiter am Markt behaupten können.

In Deutschland gibt es rund 250 Akteure, von schwergewichtigen etablierten Unternehmen bis hin zu neu gegründeten Start-ups und kleinen, von lokalen Versorgungsunternehmen unterstützten City-Carriern, die alle um die „ewigen Renditen" buhlen. Die lokale Glasfasermarke „HelloFiber" des Kabelriesen Liberty Global war eines der ersten Unternehmen, das Ende 2022 öffentlichkeitswirksam aus dem Markt ausstieg – es wird aber wahrscheinlich nicht das letzte gewesen sein.

Die Häufigkeit und der Umfang von Ausstiegen und Fusionen werden sich voraussichtlich sogar noch beschleunigen. Wie vielfach berichtet, ist der Fortschritt in Deutschland bisher schleppend vorangegangen – umso überraschender die Ankündigung einer vollständigen Glasfaserabdeckung bis 2030 und einer fünfzigprozentigen Abdeckung bis 2025. Nach einem langwierigen Start gehört das Land nun zu den drei führenden Nationen in Europa, was die Geschwindigkeit des Glasfaserausbaus angeht, hinter Frankreich und dem Vereinigten Königreich.

Sowohl etablierte Telekommunikationsunternehmen als auch neue Anbieter versuchen, sich mit ihren Glasfaserkabeln vor der Konkurrenz durchzusetzen, und jede Gruppe weist dabei unterschiedliche Stärken und Schwächen im Markt auf. Während etablierte Telekommunikationsunternehmen über die Größe, den Ruf und das finanzielle Gewicht verfügen, um ein Gebiet für sich zu beanspruchen, sind sie oft durch veraltete Systeme, Technologie und betriebliche Silos behäbiger.

Neue Anbieter können nicht immer mit den finanziellen Mitteln, der Erfahrung oder dem bestehenden Kundenstamm der etablierten Unternehmen mithalten, aber neue, leistungsstarke Systeme und Technologieplattformen aufbauen. Anbieter mit starkem lokalen Fokus hingegen verfügen über eine gute regionale oder lokale Präsenz, haben jedoch Schwierigkeiten, zu expandieren und die für das Überleben notwendige Größe zu erreichen.

Auf dem deutschen Glasfasermarkt ist mit Sicherheit Platz für alle Arten von Akteuren – aber nicht genug, um zukünftig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Verschiedene Beteiligte kündigen den Glasfaserausbau in denselben Regionen an, gleichzeitig wird offiziell davon ausgegangen, dass der Markt im Jahr 2030 zu mehr als 100 Prozent abgedeckt sein wird – eine derzeit unrealistische Einschätzung. Tatsächlich gibt es noch viel Wachstumspotenzial für Unternehmen mit robusten Strategien, aber viele haben Schwierigkeiten, die Zeit und die Ressourcen aufzubringen, die für die Entwicklung eines überzeugenden und ganzheitlichen Konzeptes erforderlich sind.

Da der Druck auf die Unternehmen zunimmt, Werte zu schaffen und die Investoren zu überzeugen, wäre jetzt ein entscheidender Moment, die Entwicklung in anderen Märkten zu betrachten, um davon zu lernen und so langfristig erfolgreich zu bleiben.

Die nordischen Märkte Dänemark, Norwegen und Schweden haben beispielsweise einen kontinuierlichen Konsolidierungsprozess erlebt, wobei die lokalen Glasfaserunternehmen ihre Betriebsmodelle und Geschäftsstrategien im Laufe der Zeit an die entsprechenden Marktentwicklungen angepasst haben. Die deutschen Glasfaserunternehmen müssen sich nun mit der Unsicherheit, die mit einer Konsolidierungsphase einhergeht, auseinandersetzen und gleichzeitig mit den Besonderheiten des lokalen Marktes: Bürokratie, regulatorische Belastungen, hohe Anschlusskosten pro Haushalt, Herausforderungen durch Überbauung und abnehmende Bereitschaft der Kunden aufgrund des inflationären Drucks.

Abbildung 1: Die Bewertungen von Glasfaserunternehmen sind infolge makroökonomischen Drucks gefallen.

Negativer oder positiver Kreislauf: Die drei Phasen des Glasfaser-Wettbewerbs

Da der Druck auf die deutschen Glasfaserunternehmen steigt, Kunden zu gewinnen und ihre Investitionswürdigkeit unter Beweis zu stellen, müssen Führungspersönlichkeiten über die alltägliche Brandbekämpfung hinausblicken. Sie müssen erkennen, wo sie im breiteren Glasfasermarkt stehen. Dazu müssen drei verschiedene Phasen des Glasfaserwettbewerbs und die dafür erforderlichen Führungsfähigkeiten und Stärken des jeweiligen Unternehmens erkannt werden, die für den Erfolg in jeder Phase erforderlich sind. (Abbildung 2)

In der ersten Phase – dem „Goldrausch" – beeilten sich die Unternehmen, in den Markt einzutreten, Kapital zu beschaffen, Führungsteams aufzubauen und kühne Einführungsziele anzukündigen – ohne Beweise für die tatsächliche Umsetzung zu liefern („Fiber to the Press"). In dieser Phase zogen die bahnbrechendsten, visionärsten Unternehmen und Führungspersönlichkeiten mit starken Fundraising-Fähigkeiten die größten Investitionen an. Da billiges Kapital einen unterversorgten Markt überschwemmte, erreichten die Investitionen einen fieberhaften Anstieg, und die Leistung wurde nicht anhand des eingesetzten Kapitals oder gar der Kapitalerträge gemessen, sondern anhand des aufgebrachten Kapitals.

Es folgte eine zweite Phase der Beschleunigung, in der die Unternehmen ihre Strategie umsetzen, skalieren und das in der ersten Phase aufgebrachte Kapital einsetzen mussten.

Mit den vorhandenen Führungsteams wurde mit dem Glasfaserausbau begonnen, und die Unternehmen fingen an, die Zahl der in Reichweite liegenden (wenn auch nicht unbedingt angeschlossenen) Häuser zu erhöhen. Aus geschäftlicher Sicht konzentrierte man sich darauf, die Strategie zu operationalisieren, den Ausbauprozess zu industrialisieren und ein lebensfähiges Unternehmen aufzubauen, um die in Phase eins angekündigten Ziele zu erreichen. Führungspersönlichkeiten mussten sich von visionären Gründer:innen zu operativ hervorragend agierenden Geschäftsentwickler:innen wandeln.

In Phase drei beginnt nun der Druck zu wachsen, da Investoren Kapitalrenditen durch angeschlossene Häuser und tatsächlich vorhandene Kunden nachfragen. Dies ist der finale Countdown, bei dem die Unternehmen ein neues Gleichgewicht zwischen Risiko und Rendite herstellen müssen. Der strategische Schwerpunkt hat sich auf die Optimierung von Investitionen und Cashflow verlagert. Diejenigen Unternehmen, die in früheren Phasen nicht viel vorzuweisen hatten, befinden sich nun auf dem Präsentierteller und schaffen es nicht, die für die Skalierung erforderliche zusätzliche Finanzierung zu erhalten. Makroökonomische Herausforderungen, einschließlich höherer Zinssätze, die die Bewertungen von Glasfaserunternehmen reduziert haben, haben diesen Umstand nicht gerade erleichtert (Abbildung 1).

Abbildung 2: Glasfaserunternehmen befinden sich auf einer dreistufigen Entwicklungsreise, wobei die Zeichen auf eine Phase der Marktkonsolidierung hindeuten

Quelle: BCG & Egon Zehnder Analyse, Expert:inneninterviews

Deutschland befindet sich aktuell in der dritten Phase, in der die Unternehmen eine gewisse Größe erreichen sowie Cashflows erwirtschaften und Kapitalerträge sichern müssen, um lebensfähig zu bleiben. Das Erfolgsrezept wird sich stark von den Ansätzen unterscheiden, die in früheren Phasen funktioniert haben – von der erforderlichen Führungsqualifikation bis hin zu den Werttreibern und den wichtigsten Leistungsindikatoren.

Unternehmen, die das richtige Führungsteam aufbauen, Talente anziehen, entwickeln sowie halten und die betriebliche Leistung kontinuierlich verbessern, können in einen positiven Kreislauf eintreten und florieren (Abbildung 3). Für diejenigen jedoch, denen es nicht gelingt, die richtigen Betriebs- und Führungskapazitäten aufzubauen – und die in früheren Phasen nicht genug „Landgrabbing“ betrieben haben –, könnte es schwierig werden, sich weiterhin erfolgreich am Markt zu behaupten.

Abbildung 3: Führungspersönlichkeiten müssen bei den ersten Anzeichen eines Niedergangs entschlossen handeln

Quelle: BCG & Egon Zehnder Analyse, Expert:inneninterviews

Dieser Zyklus des Niedergangs kann sich schneller als gedacht vollziehen. Verzögerungen bei der Glasfasereinführung und Landnahme können verheerende Folgen haben, da sie strategische und betriebliche Schwächen aufdecken und es fast unmöglich machen, Finanzierungen und Lieferantenzusagen weiterhin sicherzustellen.

Führungspersönlichkeiten, die diese Zeichen in ihrem Unternehmen erkennen, müssen schnell und entschlossen handeln, um sich aus diesem Kreislauf befreien zu können.

Alles oder nichts: Leadership als entscheidender Erfolgsfaktor

Wenn es darum geht, zu skalieren und die Rendite zu sichern, müssen sich Glasfaserunternehmen fragen, ob sie die richtige Strategie haben, um zu lebensfähigen, nachhaltigen, „erwachsenen" Unternehmen zu werden. Und wenn ja – können sie auch einen ganzheitlichen Service und ein überzeugendes Kundenerlebnis bieten?

In diesem wettbewerbsintensiven Umfeld kann die richtige Art der Führung darüber entscheiden, welche Unternehmen sich am Markt behaupten können. Und genau dort liegt das Dilemma:
Führungspersönlichkeiten brauchen die Fähigkeiten und Fertigkeiten großer Scale-up-Führungspersonen, ohne die typische Unternehmensstruktur zu schaffen. Mit anderen Worten: Sie müssen leistungsstarke Teams aufbauen, die entsprechende Strategien umsetzen können und gleichzeitig die dynamischen Eigenschaften eines Start-ups beibehalten, das sich flexibel anpassen kann.

Die erfolgreichsten Führungspersönlichkeiten sind möglicherweise diejenigen, die die besten strategischen Optionen identifizieren, bewerten, auswählen und umsetzen können. Sie müssen ein Gespür für Fusions- und Übernahmechancen haben und entsprechende Partnerschaften mit Lieferanten initiieren. IT, die kulturelle Integration und wertsteigernde Geschäfte sind dabei Schlüssel zum Erfolg, denn nur so können Aktionäre zufriedengestellt werden. Keine einfache Herausforderung, selbst für erfahrene Entscheider:innen.

In diesem Zusammenhang lassen sich vier verschiedene Managementprioritäten herausstellen: strategische Exzellenz, strikte Konzentration auf die betriebliche Umsetzung, die Fähigkeit, eine leistungsstarke Organisation aufzubauen, und umsichtiges Management der Aktionärsinteressen.

Und all dies muss in einem dynamischen Umfeld geschehen, in dem sich Investoren, Kunden, Wettbewerber und das betriebliche Umfeld schneller verändern können, als die Unternehmen in der Lage sind mitzuhalten – oder überhaupt erst die Notwendigkeit einer Anpassung erkennen.

Der deutsche Glasfasermarkt ist nach wie vor sehr attraktiv, und die Argumente für Investitionen sind weiterhin überzeugend. Es ist jedoch an der Zeit, eine Bestandsaufnahme zu machen: Strategien müssen analysiert bzw. angepasst und ein Urteil gefällt werden, ob die Managementteams der bevorstehenden Aufgabe gewachsen sind oder in der Goldgräberlogik der ersten Phase feststecken. Wenn ehrliche Einschätzungen darauf hindeuten, dass es keinen tragfähigen Business Case mehr gibt, kann eine Fusion oder ein Marktaustritt die unausweichliche Schlussfolgerung sein.

Während diese Konsolidierungsphase für einige Glasfaserunternehmen das Ende bedeuten kann, wird sie für andere auch eine Chance darstellen. Diejenigen Unternehmen, die schnell und entschlossen handeln können, um mit Konkurrenten zu fusionieren oder diese zu übernehmen, die eine erfolgreiche Technologieplattform, einen großen Kundenstamm vorweisen können oder den Einstieg in eine neue Region schaffen, werden sich ihre Vermögenswerte sichern können.

In welcher Lage auch immer sich Führungspersönlichkeiten aktuell befinden, sie müssen sich auf die aktuell dynamische Situation einstellen. Dies ist ein schnelllebiges Umfeld, in dem der Veränderungszyklus innerhalb eines Jahres oder weniger stattfinden kann.

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