Die Coronapandemie und die damit verbundenen extremen Herausforderungen verändern die meisten Organisationen radikal: Neue Arbeitsweisen, Digitalisierung, Automatisierung und Change Management lauten die Anforderungen an das HR-Management. Trends, die sich in den zurückliegenden Monaten durch die Coronakrise noch weiter verstärkt haben. Jedoch ist nur knapp ein Drittel der Personalfunktionen an strategischen lnitiativen beteiligt. Dies sind ausgewählte Ergebnisse der Berufsfeldstudie „People & Organization 2020“, die zum ersten Mal gemeinsam von BPM und DGFP sowie Egon Zehnder und der Quadriga Hochschule Berlin
durchgeführt wurde.
An dieser Berufsfeldstudie haben sich im Sommer dieses Jahres über 1 500 Personalmanager branchenübergreifend beteiligt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Prioritäten im Bereich Human Resources (HR) beziehungsweise People und Organization (P&O) im Kontext der Coronakrise in der Mehrheit (55 %) stark verändert haben. Während Recruiting wie in den letzten Jahren das Thema Nummer eins war, insbesondere hoch priorisiert von Großunternehmen über 5 000 Mitarbeiter, findet es sich jetzt zehn Plätze weiter hinten im Ranking wieder.
New Work, also die Neugestaltung von bestehenden Arbeits- und Wertschöpfungsprozessen, ist zum Topthema avanciert, dicht gefolgt von den Themenfeldern Digitalisierung von HR-Prozessen sowie Change Management. Jede innerorganisatorische Veränderung bedingt für ihre erfolgreiche Umsetzung die kommunikative Verzahnung. So zeigen die Daten, dass das Thema interne Kommunikation erheblich in der Priorität gestiegen ist und nunmehr auf Platz vier zu finden ist. Weiterhin haben die Themen Stellenabbau / Outsourcing und Gesundheitsmanagement erheblich an Bedeutung gewonnen.
In Zeiten von Social Distancing erfolgt diese Kommunikation zunehmend digital: Während in der letzten Berufsfeldstudie im Jahr 2017 nur 40 Prozent der befragten Personalmanager angaben, Kommunikationstools für virtuelle Gespräche intensiv zu nutzen, schoss die Zahl in diesem Jahr auf 75 Prozent. Bei den Kollaborationstools zur virtuellen Unterstützung der Zusammenarbeit stieg die intensive Nutzung von 32 Prozent im Jahr 2017 auf heute 44 Prozent.
Auch sonst wird HR digitaler: Datenanalysen zur Unterstützung von Personalentscheidungen sind in einigen Personalaufgaben bereits in der Fläche im Einsatz. Diese werden vor allem bei administrativen Vorgängen (81 %), in der Personalplanung (76 %) und der Personalauswahl (73 %) genutzt. Prozessautomatisierung kommt in erster Linie bei administrativen Aufgaben zum Einsatz (64 %). Zugleich zeigt sich ein großes Potenzial bei der Personalauswahl (55 % vorhanden, 24 % in Planung) und im Bereich Learning und Education (55 % vorhanden, 23 % in Planung). lnsgesamt ist festzustellen, dass die Digitalisierung von HR-Prozessen sowie Nutzung digitaler Lösungen durch die Personaler in der Breite zunimmt und hierbei Großunternehmen in allen Bereichen eine Vorreiterposition einnehmen.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass einflussreiche HR- beziehungsweise P&O-Bereiche deutlich stärker digitale Kollaborations-, Management- und Kommunikationstools einsetzen.
Bei der Frage, inwieweit der Einfluss des Personalwesens an der Unternehmensstrategie ausgestaltet ist, zeigt sich – leider wieder – ein bekanntes Bild. Denn weniger als jeder Dritte (29 %) gab an, dass der HR- beziehungsweise P&O-Bereich am Strategieprozess beteiligt ist, und nur knapp die Hälfte (48 %) attestierte sich selbst, die eigenen Ziele im Gesamtunternehmen erreichen zu können. Natürlich, dies steht in Beziehung zur organisatorischen Verankerung der Personalfunktion, denn die Ergebnisse bestätigen auch, dass je höher die Personalfunktion verankert ist, umso stärker auch ihr strategischer Einfluss ist. Diesbezüglich sind seit der letzten Berufsfeldstudie 2017 keine Veränderungen festzustellen. Konkret ist die Verankerung des HR- beziehungsweise P&O-Bereichs als zentrale Einheit direkt unter der Unternehmensleitung mit 82 Prozent am meisten verbreitet – in Unternehmen mit 500 bis unter 5 000 Mitarbeitern sogar zu 87 Prozent. Bei einem Zehntel der Teilnehmer ist der HR- beziehungsweise P&O-Bereich als dezentrale Organisationseinheit auf nachgelagerten Hierarchieebenen verortet.
Der eigene messbare Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg ist eine zweite Bedingung für den strategischen Einfluss der Personalfunktion. Analog zu den Ergebnissen 2017 priorisierten die Personaler für ihren Weiterbildungsbedarf genau die Themen, welche sie auch als Topthemen der Personalarbeit insgesamt angaben. Dies sind die Themenfelder Digitalisierung von HR-Prozessen / HR Analytics (53 %), gefolgt von New Work (37 %) und Change Management (36 %). Die HR-Themen Recruiting und Talentmanagement, 2017 noch die Topthemen der Personalabteilungen, rutschten in der Prioritätenliste des Weiterbildungsbedarfs ganze zehn beziehungsweise acht Platze nach hinten.
Nach Auskunft der Personaler führt die Coronakrise zumindest zeitweise zu einer gravierenden Vernachlässigung von Maßnahmen zur persönlichen und fachlichen Entwicklung. Jedes zweite Unternehmen kürzt Weiterbildungsbudgets, in Unternehmen mit mindestens 5 000 Mitarbeitern liegt der Anteil von eingeschränkten, stark eingeschränkten und nicht mehrvorhandenen Budgets bei 69 Prozent. Bei öffentlichen und staatlichen Institutionen trifft dies hingegen nur auf 26 Prozent der Organisationen zu.
Veröffentlichung auf unserer Website mit freundlicher Genehmigung der DGFP (dgfp.de)
Quelle: Zeitschrift PERSONALFÜHRUNG 11/2020