In einer Zeit rapider technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche ist ein klares Selbstverständnis wichtiger denn je – nicht nur für Familienunternehmen: Wird der Wandel von Märkten und Möglichkeiten zum neuen Normalfall, hilft die Reflexion auf die eigene Identität bei der Orientierung. Dank ihres häufig stark ausgeprägten Wertefundaments haben gerade Familienunternehmen beste Voraussetzungen dafür, auch in Transitionsphasen den Überblick zu behalten. Allerdings ist dieses Potenzial nicht immer voll entfaltet, denn eine stabile Identität, die zur inneren Einheit des Unternehmens in einer hoch volatilen Zeit beiträgt, ist kein Selbstläufer. Sie ist Resultat eines herausfordernden Prozesses, der jedoch – wenn er richtig angegangen wird – echten Mehrwert bringt.
Egon Zehnder hat in einer breit angelegten „Family GravityTM Studie” untersucht, wie Familienunternehmen eine starke Identität entwickeln und welche Schritte sie dabei gehen. Ausgangspunkt ist dabei die Frage, zu welchem der vier identifizierten „Archetypen” die Unternehmerfamilie gehört. So zeichnen sich „Personality-driven Families” durch markante Unternehmer-Persönlichkeiten aus, weisen aber Mängel bei der von allen Stakeholdern geteilten Vision und ihrer Governance-Struktur auf. „Flourishing Families” erreichen eine hohe Professionalität und setzen frühzeitig auf die Entwicklung der nächsten Unternehmergeneration. „Business first”-Families sind (zu) stark ins Geschäft involviert, und „Fading Families” haben Schwächen bei den Unternehmenswerten und dem Generationenübergang.
Die Standortbestimmung erfordert von der gesamten Familie Mut und Tatkraft. Jedoch zeigen die Studienergebnisse, dass dieser Reflexionsprozess enorme und vielfältige Entwicklungschancen eröffnet. So mag es in einem Fall sinnvoll sein, die DNA des Unternehmens zu stärken und die Familienwerte klarer zu formulieren und zu kommunizieren, damit sie ihre Bindungskraft bei Mitarbeitern und Führungskräften besser entfalten können. In anderen Fällen sollte möglicherweise das Zusammenspiel zwischen der Familie und dem von außen gekommenen Fremdmanagement klarer strukturiert werden, um die gehemmte Gestaltungskraft zur vollen Entfaltung zu bringen. So individuell wie die Unternehmerfamilie sind auch die Schritte zur Stärkung ihrer Gravität.
Wie unsere Studie zeigt, lohnt sich der Mut: Unternehmen mit starker Identität nach innen und außen, die maßgeblich durch die Unternehmerfamilie geprägt wird, stehen für klar erkennbare Marken; sie entwickeln nachhaltige Beziehungen zu ihren Kunden, Lieferanten und Partnern. Sie binden ihre Mitarbeiter stärker an sich und sind hoch attraktiv für Nachwuchskräfte. Und nicht zuletzt gelingt es ihnen überdurchschnittlich stark, ihre Innovationskräfte zu entfalten und den Wandel sowie die Nachfolge unternehmerisch sehr erfolgreich zu meistern.