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Ex Oriente Lux

Land der Möglichkeiten und des unternehmerischen Potenzials

Blickt man auf das Bild, das die mediale Öffentlichkeit von Ostdeutschland oftmals zeichnet, sieht man in aller Regel eine Region, die von wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen geprägt ist, von einer komplexen Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und jüngeren Geschichte. Oft werden die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West hervorgehoben, die demografischen Herausforderungen, politische Tendenzen, manchmal die historische „Last“. Mehr und mehr wird zumindest anerkannt, dass Ostdeutschland in den zurückliegenden drei Dekaden eine umfassende Transformation durchlaufen hat. Doch gerade im Vergleich zwischen Ost und West steht der Osten immer noch schnell als der weniger erfolgreiche Teil Deutschlands da.

Aus der Sicht einer globalen Unternehmensberatung, die das Top-Management und die Inhaber von Unternehmen in Leadership- und Transformationsthemen berät, haben wir in den letzten Jahren ganz entgegen dem gängigen Bild eine Region erlebt, die nicht nur enorme Potenziale, sondern auch signifikante unternehmerische Erfolge und faszinierende Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Wir sehen und beraten in Ostdeutschland Manager und Inhaber beeindruckender Unternehmen, die in globalen Märkten operieren oder Produkte herstellen, die wir alle nutzen. Wir sehen signifikante Wachstumsstorys, Unicorns und Technologieführer, oftmals in enger Partnerschaft mit einer exzellenten Wissenschaftslandschaft. Und wir sehen davon jedes Jahr mehr. Ex oriente lux – wir sehen den Osten in einer Phase des Sonnenaufgangs, wie wir an fünf Beobachtungen und Hypothesen zeigen wollen.

Fünf Beobachtungen und Hypothesen

Erstens: Ein starker, sich mehr und mehr international durchsetzender Mittelstand. Nicht nur im Osten, in Deutschland generell gilt der Mittelstand als das Rückgrat unserer Wirtschaft. Mittelstand ist Nukleus, Mittelstand erzeugt Innovation, Mittelstand ist anpassungsfähig, regional verankert und manifestiert unternehmerische Zuversicht und Mut. Auch im Osten hat der Mittelstand eine starke Tradition, aber seit 1990 wurden viele Geschichten neu geschrieben. Aus ehemaligen Treuhandfällen sind inzwischen teils globale Hidden Champions geworden, die in ihren Kategorien mitunter Marktführer sind. Seit der Wiedervereinigung hat der Mittelstand wesentlich zur wirtschaftlichen Erholung und Entwicklung in den neuen Bundesländern beigetragen. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurden nach 1990 neu gegründet und haben geholfen, die Wirtschaftsstruktur, die zuvor stark von großen, staatlich geführten Strukturen dominiert war, zu diversifizieren. Gut die Hälfte der heutigen KMUs sind in den Aufbruchjahren nach der Wiedervereinigung entstanden. Viele mittelständische Unternehmen in Ostdeutschland sind zudem vor allen Dingen in technologieorientierten Branchen tätig und tragen durch Innovationen und Forschung zur wirtschaftlichen Dynamik, gerade in Zukunftsfeldern, bei. Die Regionen um Städte wie Dresden, Jena, Halle/Leipzig, Magdeburg und Zwickau sind mit ihrem dichten, technologischen Mittelstand inzwischen als Hochtechnologie-Cluster auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Viele ostdeutsche KMU haben sich auf internationalen Märkten etabliert und tragen mehr und mehr zum gesamtdeutschen Export bei.

Zweitens: Innovationen und Start-ups auf Basis vorhandener Kompetenzen. Parallel dazu ist gerade im technischen Bereich und auch fernab von Berlin eine lebhafte Start-up-Szene entstanden. Start-up-Gründer berichten uns von ihren Entscheidungsprozessen für ihre Gründungsstandorte und heben immer wieder hervor, dass ihre Entscheidung vor allen Dingen getragen war von einem hohen Bildungsgrad, insbesondere in den MINT-Fächern, sowie dem Zugang zu lokalen, industriellen Partnern. Gründer nutzen das ausgezeichnete Ausbildungsniveau in raren technischen Fächern, um Advanced-Tech-Unternehmen aufzubauen, die zum Teil revolutionäre Innovationen vorantreiben – in der Energiewirtschaft, Software, Halbleitertechnologie, Optik oder Biotechnologie. Einige dieser „Nachwende-Start-ups“ sind inzwischen über ihre erste Scalingphase hinaus und erzeugen Umsätze im Bereich von mehreren hundert Millionen Euro. Andere werden mit Milliardenbewertung gehandelt. Nicht wenige dieser Gründer sagen, dass sie ihr Unternehmen an kaum einem anderen Ort in Deutschland gründen oder in diesem Maße hätten skalieren können, als eben in Dresden oder Magdeburg.

Drittens: Wachsendes Engagement internationaler Konzerne. Obwohl es weiterhin keine Headquarters von Dax-Konzernen im Osten gibt, zieht die Region immer mehr nationale und internationale Investoren an, die die geografischen, wirtschaftlichen und bildungsbezogenen Vorteile Ostdeutschlands nutzen, um sich hier niederzulassen und zu expandieren. Führende Konzerne haben in den letzten Jahren ihr Engagement im ostdeutschen Raum verstärkt, Werke ausgebaut oder neu angesiedelt. Diese Tendenz ist im Verhältnis noch schwach und objektiv betrachtet bleibt es bei einer starken strukturellen Asymmetrie in der Verteilung von Großunternehmen zwischen West und Ost. Doch mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass Ansiedlungen größerer Produktionsstätten oder Forschungszentren im Osten inzwischen als leichter und machbarer gesehen werden als in vielen anderen Regionen in Zentraleuropa.

„Es gibt signifikante Wachstumsstorys, Unicorns und Technologieführer. Ex oriente lux – wir sehen den Osten in einer Phase des Sonnenaufgangs.“

Viertens: Mehr Sichtbarkeit von ostdeutschen Erfolgsbiografien. In Summe zwar noch zu wenig, aber mehr und mehr gibt es inzwischen auch sichtbare Erfolgsgeschichten von Ostbiografien, die ihre globalen Karrieren auch über den Wendebruch hinaus beeindruckend vorangetrieben haben. Wir haben in den letzten Jahren viele Gespräche mit denen geführt, die es aus dem Osten heraus in die Spitzen unserer gesamtdeutschen Institutionen in Wirtschaft, Kultur, Politik, Recht oder Wissenschaft geschafft haben. Dabei konnten wir sehen, dass die starke Resilienz, der unbedingte Wille zum Erfolg, der Glaube an sich selbst und die eigenen Fähigkeiten viel möglich machen kann. Menschen, die in jungen Jahren bereit waren, ihre Heimat zu verlassen, die sich ambitionierte Ziele gesetzt haben, die für sich früh verstanden haben, dass sie sich selbst etwas aufbauen müssen, und Menschen, die für ihre Ziele Konsequenzen gezogen und in sich investiert haben. Diese Menschen gestalten heute, wenn auch noch in geringer Zahl, wichtige Institutionen an der Spitze mit. Nicht trotz, sondern aufgrund ihrer Ostbiografien. Diese individuellen Erfolge zeigen, dass die genannten Eigenschaften entscheidend sein können, um auch strukturelle Nachteile zu überwinden. Die Geschichten sind außerdem Vorbilder für Menschen, die aus strukturschwachen Regionen im Westen, oder außerhalb Deutschlands kommen.

Fünftens: Nächste Generation mit Potenzial und Hunger auf Erfolg und Gestaltung. Die Ausbildung junger Menschen ist weiterhin von hoher Qualität. Es gibt in einer breiten Schicht einen ungesättigten Hunger auf Wachstum und ausreichend Raum für Neugründungen und Expansion. Diese Dynamik wird immer noch von einem Geist des Aufbaus getragen. 35 Jahre nach dem Mauerfall gibt es im Osten noch keine wirkliche Erbengeneration. Wer hier aufwächst, muss sich seinen Wohlstand in aller Regel auch künftig selbst erarbeiten. Unsere Klienten sehen eine neue Generation im Osten, die nicht nur hervorragend ausgebildet, sondern auch hoch motiviert ist, die Hunger auf Wachstum hat und die über den eigenen Erfolg hinaus etwas für ihre Region erreichen will. Das zeigt sich auch in einer spannenden Generation von Unternehmensnachfolgern, die exzellent ausgebildet, oftmals international erfahren sind und mit hoher Motivation aktuell ihr Familienunternehmen übernehmen und weiter ausbauen. Diese neue Generation, die mit dem Respekt für das Bisherige das Geschäft neu denkt, die ein neues Führungsverständnis lebt und gut untereinander vernetzt ist, wird nicht nur für die Verknüpfung der Strukturen zwischen Ost und West prägend sein, sondern auch weit über Deutschland hinaus.

Herausforderungen und Chancen

Diesen guten Tendenzen und Entwicklungen stehen aus unserer Sicht weiterhin große regionalpolitisch auch signifikante Herausforderungen gegenüber. Insbesondere die infrastrukturelle Entwicklung hinkt in vielen Bereichen nach wie vor hinterher. Ostdeutschland wird politisch und gesellschaftlich noch viel zu sehr als Randregion Deutschlands, nicht als Kernregion Europas behandelt. Das erschwert nicht nur das Wirtschaften im Mittelstand, es macht auch die Anwerbung von Talenten außerhalb der Landeshauptstädte schwierig und verringert die Mobilität aus den und in die Regionen. Es erschwert jungen Menschen, ihre Heimat für ihre Ausbildung zu verlassen, genauso wie es gestandenen Managern kaum ermöglicht, eine Aufgabe bei einem Unternehmen in den Randregionen zu übernehmen und in ihre Heimat zu pendeln. Es hat sich über die letzten Jahre gut gezeigt, dass die Hoffnung, die strukturellen Asymmetrien würden sich von allein über die Zeit auflösen, letztlich naiv war. Es ist die Natur von Asymmetrien, dass diese sich selbst verstärken, wenn nicht aktiv gegengesteuert wird. Es braucht deshalb nicht nur mehr Zeit, sondern dedizierte Anstrengungen, Förderung von Talenten, Ideen und Unternehmern sowie insbesondere den Ausbau von Infrastrukturen. Die Politik kann die positiven Tendenzen stärken und für nachhaltig verlässliche, innovations- und wachstumsstimulierende Rahmenbedingungen sorgen. Die Themen, die unsere Wirtschaft deutschlandweit beschäftigen, wie Bürokratie, Genehmigungsprozesse, Fachkräfte-Immigration, schlagen im Osten umso stärker durch, denn sie reduzieren das Momentum, sie behindern das Wachstum und verstärken so die Asymmetrie weiter. Um im Bild des Eingangsstatements zu bleiben: Sie verstärken den Schatten im eigentlichen Sonnenaufgang.

Aus unserer Sicht und der unserer Klienten, ist der Osten ein Potenzial- und ein Lösungsraum für die gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt. Ein Raum, der Platz für Ideen, Gründungen, Ansiedlungen und den weiteren Ausbau zu bieten hat, genauso wie intellektuelles Kapital und Engagement. Ostdeutschland mag sicher noch von großflächigen „blühenden Landschaften“ entfernt sein, doch die Knospen sind überall sichtbar. Mit konsequenter Anstrengung wird sich das vorhandene Potenzial in der Region entfalten und der Osten seinen Beitrag zur Vielfalt und Stärke Deutschlands leisten. Ex oriente lux.

„Ostdeutschland ist endlich DIE Wachstumsregion – und das im Herzen Europas.“ – Dr. René Sadowski.

„Wir beobachten im Osten enorme Potenziale, signifikante unternehmerische Erfolge und faszinierende Persönlichkeiten.“ – Dr. Wasko Rothmann.

DENKE ICH AN OSTDEUTSCHLAND … Impulse für eine gemeinsame Zukunft
Frank und Robert Nehring (Hgg.), PRIMA VIER Nehring Verlag
ostdeutschland.info

Veröffentlichung auf unserer Website mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Verfasst von

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