Wolfgang Reitzle, CEO der Linde Group, hat sich viel vorgenommen. Nachdem er den ehemaligen deutschen Mischkonzern durch die sorgsam eingefädelte Übernahme des größeren britischen Konkurrenten BOC zum Weltmarktführer für Industriegase geformt hat, will er die Organisation nun auf Hochleistung trimmen. Im Gespräch mit FOCUS erläutert Reitzle, welche Rolle gemischte Teams dabei spielen.
Focus: Sie haben Linde das Ziel vorgegeben, eine High-Performance-Organisation zu werden. Was heißt das in der Praxis?
Wolfgang Reitzle: Es geht im Grunde darum, eine Kultur der ständigen Verbesserung im Unternehmen zu schaffen. Ich möchte, dass jeder Mitarbeiter alles, was er selbst jeden Tag tut, auch – oder vielleicht gerade – wenn er schon lange Routine darin hat, permanent in einer positiven und konstruktiven Weise hinterfragt. Es geht um die Erkenntnis, dass nichts so gut ist, als dass man es nicht noch besser machen könnte. Eigentlich also ganz simpel. Mir ist allerdings klar, dass das in einer großen Organisation mit vielen tausend Mitarbeitern eine eher theoretische Zielsetzung ist. Aber wenn alle diese Idee verinnerlichen, dann sind sie automatisch offen für Veränderungen. Im weltweiten Wettbewerb können wir mit den Kostenstrukturen, die wir hier in Deutschland oder in Großunternehmen generell in Europa haben, ja nur bestehen, wenn die eigene Organisation so effizient, so schnell, so agil und so kundenorientiert arbeitet wie möglich. Jeder Mitarbeiter muss genau erkennen, wie sich sein Arbeitseinsatz eingliedert ins Ganze, und sollte versuchen, dass seine Ziele zwar erreichbar sind, aber auch eine gewisse positive Anspannung beinhalten. Es geht also um ein sportliches Hochleistungsklima im Unternehmen.
Focus: Wie sind Sie bei der Umsetzung vorgegangen?
Reitzle: Zunächst braucht man einen Überblick: Wo stehen wir mit unseren Prozessen, mit der Prozessqualität, und was ist Best-in-class-Standard? Dabei muss man für diese vorbildlichen Abläufe manchmal gar nicht lange suchen. Die findet man nämlich auch im eigenen Unternehmen, etwa in einer anderen Länderorganisation, wo die Kollegen das Gleiche anders und besser machen. Man weiß es nur nicht, weil bisher kein Austausch stattgefunden hat. Häufig kann man sich aber auch bei einem Wettbewerber etwas abschauen. Oder in einer anderen Branche. Wir sind zwar eine Gase-Firma, aber tatsächlich haben rund 80 Prozent der Kosten, die im Unternehmen bei der Herstellung und dem Verkauf von Gasen entstehen, gar nichts mit dem reinen Gasegeschäft zu tun, sondern mit Prozessen wie bei einem Logistik- und Distributionsunternehmen. Gas-Zylinder werden gefüllt, auf einen Truck geladen und hin- und her transportiert. Also müssen wir analysieren, wie gute Logistikunternehmen das handhaben. Für viele Mitarbeiter und Führungskräfte war das eine ganze neue Sichtweise. Viele haben ganz schön gestaunt, als sie festgestellt haben: Also bei einem ehrlichen Vergleich, da schauen wir doch nicht so gut aus.
„Vorbildliche Abläufe findet man gelegentlich im eigenen Unternehmen. Man weiß es nur nicht, weil bisher kein Austausch stattgefunden hat.“
Focus: Wie hält man so ein Thema nach dem ersten Anstoß lebendig?
Reitzle: Wir haben uns immer wieder an unsere Führungskräfte gewandt und ihnen deutlich vor Augen geführt, wo wir Nachholbedarf haben und was in Geld bewertet die Differenz wert wäre, wenn wir in der Lage wären, diese Lücke zu schließen. Wir haben vorgerechnet, wo unser Gewinn stehen würde, wie hoch unser Aktienkurs wäre. Wir könnten andere Unternehmen übernehmen, wir hätten eine ganz andere Stärke. Außerdem würden unsere Manager am Erfolg beteiligt.
Focus: Reichen solche Appelle und Anreize aus, um Spitzenleistungen zu erreichen?
Reitzle: Nein, wir haben deshalb gleichzeitig auch untersucht, wie es um die Qualität unserer Führungskräfte bestellt ist. Und wir haben festgestellt, dass wir zu wenige High Potentials und Talente hatten. Die Kunst der Unternehmensführung bestand zunächst darin, mit einer durchschnittlichen Mannschaft überdurchschnittlich erfolgreich zu sein.
Focus: Wie gelingt das? Und welche Rolle können dabei richtig zusammengesetzte Teams spielen?
Reitzle: Ohne Teams funktioniert in einem Großunternehmen heute gar nichts mehr. Ein ideal zusammengesetztes Team deckt nicht nur das Fachwissen zur Lösung einer komplexen Aufgabe ab, sondern man muss auch die Dynamik im Team berücksichtigen. Man braucht ein paar aggressive junge Vorreiter, aber auch Leute mit Erfahrung, die die Unternehmenskultur kennen und wissen, was wie schnell durchsetzbar ist. Und die Chemie untereinander muss stimmen.
„Man braucht ein paar aggressive junge Vorreiter, aber auch Leute mit Erfahrung.“
Focus: Können Sie ein praktisches Beispiel nennen, wo Sie sich solche Teamstrukturen zunutze gemacht haben?
Reitzle: Als ich 2003 den Vorstandvorsitz übernommen habe, sind wir vier Monate hintereinander jeweils zwei Tage lang in Vorstandsklausur gegangen, um uns mit der künftigen strategischen Aufstellung unseres Unternehmens zu beschäftigen. Weil wir dabei viele Fragen zu klären hatten, die bearbeitet werden mussten, haben wir als Begleitung für den Vorstand zehn Mitarbeiter ausgewählt – jüngere, ältere, aus jedem Fachgebiet. Dabei haben wir versucht, die eben genannten Kriterien zu berücksichtigen. Das hat sich sehr bewährt. Diese Gruppe hat hochmotiviert gearbeitet. Obwohl sie, wie sie mir später gestanden, alle nicht wirklich geglaubt haben, dass wir es ernst meinen und ihre mutigen Arbeitsergebnisse auch tatsächlich umsetzen würden. Aber es wäre vermessen zu behaupten, dass wir nun überall, wo wir für unser High-Performance-Programm Teams aufsetzen, es bereits so perfekt machen.
Focus: Aber nach den positiven Erfahrungen, die Sie selbst mit einem gut kombinierten Team gemacht haben, wäre es nicht wichtig, dies gerade im Sinne Ihrer High-Performance-Organisation im Auge zu behalten?
Reitzle: Da vertraue ich schon auf Augenmaß und Menschenkenntnis der jeweiligen Projektleiter, die für bestimmte Aufgaben eben die Teams zusammenstellen. Menschen können ziemlich gut einschätzen und erkennen, wer wie gut ist. Und wenn man ehrlich ist, weiß man auch, wo man selbst steht. In einem Team ist die Dynamik so intensiv, dass alle ganz schnell erkennen, wer top ist und wer mitgeschleppt wird.
Noch wichtiger ist es aber, welche Signale die Führung gibt. Man kann in einem Unternehmen nicht eine Hochleistungskultur postulieren und dann zum Beispiel bei Beförderungen als dem wichtigsten Signal der Anerkennung nicht nach Leistungskriterien vorgehen, sondern zum Beispiel nach den besseren Beziehungen. So etwas kann verheerende Auswirkungen haben. Das war für uns bei der Übernahme von BOC ein ganz entscheidender Punkt: Wir haben die Werte unserer neuen Firma in gemeinsamen Teams, die sich aus BOC- und Linde-Mitarbeitern zusammensetzten, erarbeitet. Leitgedanke bei der Integration war, das Beste aus beiden Welten herauszufiltern und in eine gemeinsame Kultur zu überführen, und das ist uns ganz gut gelungen.
Wir haben die Führungskräfte von BOC und von Linde mit Management Appraisals nach den gleichen Bewertungskriterien rastern lassen, um den Mitarbeitern und den Führungskräften zu zeigen, dass tatsächlich die Leistungsträger gesucht werden. Dabei kam es nicht darauf an, ob jemand Deutscher, Inder, Engländer, Franzose oder Amerikaner war. Der Beste hat gewonnen. Wir sind dabei so weit gegangen, dass viele Führungskräfte von BOC selbst überrascht waren, dass wir sie in Top-Positionen gebracht haben. Das Wichtigste ist, für jeden nachvollziehbare Selektionskriterien aufzusetzen. Wer kriegt welchen Job, wie wird die Organisation aufgebaut, wie definiert sich die Firma – das muss nach absolut klar kommunizierten Kriterien erfolgen. Damit haben wir das Vertrauen der Mitarbeiter gewonnen.
„Die Werte unserer neuen Firma haben wir in gemeinsamen Teams erarbeitet.“
Focus: Welche der beiden Ursprungskulturen hat sich leichter mit den neuen gemischten Teams getan?
Reitzle: Für unser Ziel, eine High-Performance-Organisation – kurzHPO – aufzubauen, ist es ein Vorteil, dass beide Unternehmen nach innen bereits sehr heterogen aufgestellt waren. Bei HPO sind ja praktisch alle 50 000 Mitarbeiter involviert, weil alle Kernprozesse neu ausgerichtet und, wenn möglich, standardisiert werden sollen. Das ist anspruchsvoll zu managen und dauert ein paar Jahre. Alle unsere Teams sind heute international zusammengesetzt und global verteilt. Wir haben geschaut, wo bereits Gruppen vorhanden waren, die bestimmte Aufgabenstellungen mit Erfolg bewältigt haben, und haben diese dann zu unserem weltweiten Vorbild erklärt. Wir haben also nicht die Situation, dass alle Teamleiter in München sitzen. Diese Verteilung von Führung führt als Nebeneffekt zu einer guten Machtbalance im Unternehmen, in der keine Länderorganisation und auch die Zentrale nicht dominiert. Ich bin optimistisch, dass sich so in einem Selbstregulierungsprozess auf Dauer die objektiv besten Ideen und Leute durchsetzen.
Focus: Die neue Organisation erlebt jetzt nach zwei Jahren Wachstum eine harte Restrukturierungsphase. Sind die Teams gleichbleibend erfolgreich oder mussten Sie sie verändern?
Reitzle: Die Mission unserer Teams hat sich ja nicht geändert. Sie sollen nicht Kosten reduzieren, sondern Prozesse verbessern. Zielsetzung bei HPO ist nicht Kostensenkung, sondern Effizienzsteigerung. Die Umstellung der Prozesse führt automatisch zu Einsparungen für die Firma. Und zu Verbesserungen: zu einer höheren Geschwindigkeit, zu einer höheren Produktivität. Es stimmt aber schon, dass wir jetzt auch kurzfristig Kosten senken müssen.
Focus: Das heißt, der Druck wird größer für Ihre Hochleistungsteams?
Reizle: Ja, natürlich wird der Druck größer und die Anforderungen steigen, weil sich Prozessverbesserung und Kostenersparnis derzeit vielleicht überlagern. Mit unserem High-Performance-Programm werden wir ein besseres Unternehmen. Mit Kostenreduzierung allein würde sich an den grundsätzlichen Strukturen nichts ändern. Das ist der Unterschied.
Focus: Wo bleibt bei Ihrem Ansatz der Kunde?
Reitzle: Alle diese HPO-Prozesse beginnen beim Kunden. Wir fangen bei ihm an und gehen von da rückwärts in die Firma. Das wesentliche Ziel von HPO ist Kundenorientierung.
Focus: Wo können Sie noch Wachstum generieren? Wo eröffnen sich auch unter Motivationsgesichtspunkten für Ihre Topleute neue Felder?
Reitzle: Das schöne beim Gase-Geschäft ist, dass es unendlich viele Anwendungen gibt, dass man mit Kreativität immer wieder etwas Neues findet. In unserem Technologieportfolio haben wir einiges – Stichwort alternative Energien –, wo Fantasie für die Zukunft drin ist.
Focus: Wie haben Sie Forschung und Entwicklung gerade für derartige Megatrends organisiert?
Reitzle: Es gibt bestimmte Dinge, die müssen zentral bearbeitet werden. Der Großteil unserer anwendungstechnischen Weiterentwicklung findet allerdings gemeinsam mit Ingenieuren direkt beim Kunden vor Ort statt. Wir sind gerade dabei, Centers of Excellence in der Nähe wichtiger Kunden aufzubauen. Für die Anwendung von Gasen im Lebensmittelbereich ist einer unserer wichtigsten Kunden zum Beispiel McDonald’s. Das Team, das dort die sogenannten Food Applications entwickelt und installiert, hat gleichzeitig die Führungsposition für die ganze Welt in diesem Segment. Dieses Team sorgt dafür, dass zum Beispiel eine ähnliche Lösung auf einen chinesischen Kunden übertragen wird. Dieses Prinzip wenden wir auch für andere Branchen an. Wir bekommen die wesentlichen Anregungen durch unsere Leute vor Ort. Sie kennen die Kundenanforderungen und haben die Ideen, wie man mit einer neuen Gase-Anwendung deren Prozesse noch effizienter machen kann.
Focus: Entsendet Linde neben der eigenen Forschung auch gute Leute in Gruppen außerhalb des Unternehmens?
Reitzle: Ja, zusammen mit Daimler etwa arbeiten wir an der Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie für die neuen Fahrzeuggenerationen. Wir kooperieren mit RWE, um in Kohlekraftwerken den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das sind natürlich auch potentielle Kunden.
Focus: Wie gehen Sie mit dem Typus Einzelkämpfer um, der vielleicht ein Top-Talent ist, den Sie auch nicht verlieren wollen, der sich aber absolut nicht eingliedert in Ihr Team?
Reitzle: Solche Mitarbeiter haben wir eigentlich kaum noch. Aber wir haben trotzdem eine sogenannte Fachlaufbahn eingerichtet. Damit können wir einem Top-Experten beispielsweise so viel bezahlen wie einer Führungskraft mit Verantwortung für 500 Mitarbeiter. Das Bewertungskriterium ist dabei nicht, wieviel Verantwortung er trägt, sondern welchen Hebel seine Arbeit im Sinne der Wertsteigerung für den Konzern hat. Wir haben das eingeführt, aber wir haben nicht so einen großen Bedarf wie etwa in der Automobilindustrie, weil wir nicht an einem Produkt arbeiten, sondern weil es bei uns um sehr vielschichtige Anwendungen geht.
Focus: Ist die Integration Linde-BOC abgeschlossen?
Reitzle: Eindeutig ja! Wir haben die Synergien, die wir heben wollten, Ende 2008 erreicht und auch die kulturelle Integration vollzogen. Das ist wie an der Schnur gelaufen und erledigt. Und dann haben wir beschlossen, wir nutzen dieses Momentum und bauen darauf unsere High-Performance-Organisation auf. Das trägt uns jetzt die nächsten Jahre. Wenn wir HPO etabliert haben, starten wir parallel unsere dritte Welle und legen uns ein unverwechselbares Profil zu. Wir haben schon die Vorstellung, dass Linde in zehn Jahren etwas anders aussehen wird.
Focus: Wie wird das aussehen und wie wollen Sie dabei vorgehen?
Reitzle: Wir wollen über Innovationen und Anwendungstechnik und durch gezielte Akquisition einiger nicht direkt im klassischen Gase-Sektor liegender Firmen Umsatz- und Ergebnispotentiale ins Portfolio bringen, die uns von unseren Hauptwettbewerbern unterscheiden. Alle Gasehersteller produzieren Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff. Die Moleküle, die wir verkaufen, sind austauschbar. Wir können mit Design den Wasserstoff ja leider nicht besser aussehen lassen. Der entscheidende Unterschied funktioniert nur über Innovation und Anwendungstechnik. Das gelingt uns zum Teil heute schon durch unseren Engineering-Bereich. Hier haben wir Kompetenzen, die andere nicht haben. Wir sind als einst klassisches deutsches Ingenieursunternehmen im Kern schon darauf getrimmt und wollen natürlich damit Geld verdienen. Zudem gab es bei uns nie diese eindimensionale Ausrichtung auf den Shareholder Value. Ich denke, wir haben unternehmerische Ziele und die Interessen der Mitarbeiter sowie die Verantwortung für die Standorte, für die Gemeinden, in denen wir sind, ziemlich gut ausbalanciert.
Focus: Herr Professor Reitzle, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview mit Wolfgang Reitzle führten (v.l.) Gabriele Röhrl, Egon Zehnder, München, Ulrike Mertens, FOCUS, und Jörg Ritter, Egon Zehnder, Berlin.
Wolfgang Reitzle
Wolfgang Reitzle, Jahrgang 1949, wuchs in Ulm auf. Er studierte in München Maschinenbau sowie Arbeits- und Wirtschaftswissenschaften. Nach der Promotion begann seine berufliche Karriere 1976 bei BMW, wo Reitzle die unter dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Eberhard von Kuenheim vorangetriebenen Entwicklungen maßgeblich mitgestaltete, die aus dem lange eher kleinen Automobil- und Motorradhersteller eine Weltmarke für sportliche Pkws der Oberklasse machten. Reitzle absolvierte im Rekordtempo die Karriere eines typischen „Car Guy“. Er begann als Spezialist für Fertigungsverfahren. Ab 1983 verantwortete er Forschung und Entwicklung kommissarisch, wurde 1986 stellvertretendes Vorstandsmitglied. Gut ein Jahr später übernahm er das Vorstandsressort Forschung und Entwicklung und galt spätestens ab diesem Zeitpunkt als Anwärter auf die von-Kuenheim-Nachfolge. Nachdem allerdings zweimal die Wahl auf einen anderen Top-Manager gefallen war, trat Reitzle 1999 als Group Vice President für die Premium-Marken bei der Ford Motor Co. ein. Drei Jahre später wechselte Reitzle die Branche und wurde Vorstand für Konzernentwicklung und Technik beim Investitionsgüterhersteller Linde und wenig später dessen Vorstandsvorsitzender. 2006 wurde er „Manager des Jahres.“ Reitzle ist mit der Fernsehmoderatorin Nina Ruge verheiratet und lebt seit dem Umzug der Konzernzentrale 2007 wieder in München. Er ist begeisterter Skifahrer und ein ausgezeichneter Golfspieler.
LINDE AG Cooler Coup
Die Linde AG geht auf den Erfinder und Unternehmer Carl von Linde zurück. Der hochtalentierte Maschinenbauer und Kältetechnikspezialist schuf wesentliche Grundlagen der modernen Kühltechnik. 1879 gegründet, war Linde bald das führende Unternehmen für Kältetechnik in Europa. Ab 1895 stellte Linde Verfahren zur Luftverflüssigung durch Kompression vor. Das war der Einstieg in die Herstellung von Industriegasen. Zudem diversifizierte der Unternehmensgründer in die Fertigung von Motoren. Daraus entwickelte sich der Bau von Gabelstaplern, respektive die Linde-Sparte Fördertechnik (Material Handling). Ab 2002 verordnete der neue Vorstandschef Reitzle dem Mischkonzern ein umfassendes Lifting. Ziel war die Konzentration auf den Gase- und Engineering-Bereich. Der Unternehmensbereich Kältetechnik wurde ausgegliedert und verkauft, ebenso wie später der Unternehmensbereich Material Handling. 2006 übernahm die Linde AG das britische Industriegaseunternehmen BOC und stieg damit zu einem führenden Anbieter von Industriegasen weltweit auf. 2008 hat der Konzern mit knapp 52 000 Mitarbeitern 12,66 Milliarden Euro umgesetzt und ein Nettoergebnis von 717 Millionen Euro erzielt. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres sanken zwar Umsatz und Ergebnis, doch die operative Marge verbesserte sich trotz schwieriger Marktlage.
FOTOS: RÜDIGER NEHMZOW