„Laufend einschneidend“, so empfinden die von uns befragten CEOs und Aufsichtsratsvorsitzenden den unaufhaltbaren Prozess der Digitalisierung ihrer Organisationen. Wie viel bildhafter das klingt als disruptiver Wandel. „Laufend einschneidend“ steht aber auch für ehrlichen Respekt vor der anstehenden Aufgabe, die zurecht als Neu-Industrialisierung beschrieben wird. Mit Unternehmensführern besprechen wir mehr denn je Fragen wie „Welche Entscheidungen sind nötig, um Schritt zu halten oder – besser noch – um Wettbewerbern auch weiterhin einen Schritt voraus zu sein?“, „Was an unseren Geschäften muss verbessert, was erneuert, was rundweg neu erfunden werden?“, „Wie gehen wir das an?“. Die vorliegende Studie dient der Lagebestimmung. Wir haben facettenreiche Antworten erhalten.
Unternehmensführer haben längst persönlich Verantwortung für das Gelingen der digitalen Transformation übernommen. Viele arbeiten an passgenauen Strategien, die große Mehrheit ist damit noch nicht am Ende. Das ist nicht verwunderlich. In der Studie artikulieren die Manager deutlich, dass jetzt vor allem die richtige Führung und die richtige Kultur zum Ziel führen. Denn es ist nicht trivial, den Kontrollverlust zu organisieren. Es braucht einen Mentalitätswandel, lieber früh zu scheitern, um zielstrebig die Richtung zu ändern. Dazu gehören Offenheit und Flexibilität, um stärker als bisher auf Kooperationen mit Wettbewerbern zu setzen.
Nüchtern gesagt sind wir auf einer Transformationsreise in großer Unsicherheit. Wir haben Herkulesaufgaben vor uns, für die es keine simplen Wenn-Dann-Lösungen gibt. Dabei werden gerade solche zuhauf angeboten. Das ist verführerisch. Wir glauben, viel über das Neuland zu wissen, aber haben noch nicht geklärt, wie aus Einsichten Wirklichkeiten werden und wie aus Vorsätzen Unternehmensrealitäten. Führung schließt mehr denn je die agile Umgestaltung von Organisationen, Strukturen und Prozessen ein. Das wird nicht am grünen Tisch klappen. Wirklich alle im Unternehmen müssen sich auf die Reise machen.
John Adams, politischer Philosoph und zweiter Präsident der USA, hat einmal vor einer falschen Erwartung an Leadership gewarnt. Veränderung werde nur wirksam, wenn Menschen lernen, sich selbst als „Kraftquelle“ zu verstehen. Mehr als 200 Jahre ist das her, aber Adams‘ Verständnis ist gerade heute hochaktuell. Wir brauchen Unternehmensführer, die Mitarbeiter in diesem Sinne und über Hierarchie- und Funktionsgrenzen hinweg befähigen, entschlossen zu agieren.
Jedes einzelne Unternehmen muss zuerst für sich herausfinden, welches genaue Ziel es anvisiert. Viele Unternehmen könnten konsequenter sein. Einige müssen noch den ersten Schritt gehen.
Nur Mut.
Michael Ensser
Managing Partner von Egon Zehnder in Deutschland