Über Familienunternehmen kursieren viele positive Vorurteile: Sie gelten als stabil und verlässlich; statt in Quartalen werde dort in Geschäftsjahren oder gar in Generationen gedacht. Und tatsächlich belegen zahlreiche Studien die besonderen Qualitäten von Familienunternehmen. Allerdings darf die Tradition ihre Agilität und Innovationskraft nicht ausbremsen, damit sie die Digitalisierung erfolgreich meistern können. In bewegten Zeiten sind häufig frisches Know-how und neue Perspektiven von außen gefragt: Neue Führungskräfte, die dann oftmals nicht der Inhaberfamilie angehören, können dabei helfen, eingefahrene Strukturen aufzubrechen und den Weg in die Zukunft zu bahnen. Ein reibungsloses Zusammenspiel von Familie und Fremdmanagement ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Damit dies funktioniert, braucht es insbesondere klar definierte und implementierte Governance-Strukturen, die für das richtige Gleichgewicht sorgen. Der Bund fürs Leben will wohlüberlegt sein.
Soll ein Manager von außen an die Spitze des Familienunternehmens rücken, ist vor allem Klarheit gefragt. Die zentrale Frage lautet: Welche genaue Entscheidungs- und Gestaltungsmacht hat der CEO? In welchem Umfang und wie genau möchte die Unternehmerfamilie in die strategische Ausrichtung und das operative Geschäft involviert sein? Daran knüpfen weitere wichtige Fragen an: Welche Positionen nehmen Familienmitglieder künftig im Unternehmen ein? Wie werden mögliche, das Unternehmen tangierende, familieninterne Konflikte gelöst? Wer hat im Zweifel die letzte Entscheidungsmacht?
Der zur Beantwortung dieser elementaren Fragen notwendige Diskussionsprozess kann zum Beispiel in einen Familienkodex münden oder in die Etablierung eines Familienrates. Ganz gleich, für welchen Weg sich die Unternehmerfamilie entscheidet: Die neuen Governance-Strukturen sollten von der gesamten Familie getragen sowie fixiert, transparent kommuniziert und verbindlich umgesetzt werden. Hier ist es sinnvoll, einen neutralen Prozessbegleiter einzubeziehen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor Zeit. Findet sich in der Familie kein geeigneter Nachfolger für die Firmenspitze, sollte nicht bis zuletzt gewartet werden, um der neuen Spitze die Möglichkeit zu geben, sich zu entwickeln.
Im Idealfall führt die Etablierung einer eindeutigen Governance-Struktur zu einem dynamischen Zusammenspiel von Tradition und Erneuerung, das zur treibenden Kraft künftiger Geschäftserfolge wird. Umgesetzt wird die innovative Strategie von den besten Köpfen – ganz gleich, ob sie aus der Familie oder von außen kommen.