Auf die Versicherungsbranche kommen Zeiten der Ungewissheit, Komplexität und Volatilität zu. Die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich ebenso dramatisch wie das Marktumfeld. Veränderung ist vor diesem Hintergrund die einzige Möglichkeit, sich langfristig am Markt zu bewähren. Spitzenkräfte tragen hierfür besondere Verantwortung – doch sie können diese Aufgabe nicht im Alleingang bewältigen. Versicherungsunternehmen kann der nötige Wandel dann gelingen, wenn sie es schaffen, dabei den Vierklang aus Führungsperson, Team, Organisation und Unternehmenskultur im Blick zu behalten. Wo dieser umfassende Ansatz gelingt, entfalten Versicherer am ehesten Innovationskraft und Agilität für die Bewältigung der kommenden Herausforderungen.
Unsere Zeit ist geprägt durch ein hohes Maß an Ungewissheit, Komplexität und Volatilität. Verlässliche Prognosen sind fast unmöglich geworden und mit ihnen die Beständigkeit bewährter Geschäftsmodelle. Der Erfolg von heute ist kein Maßstab für den Weg von morgen. Zu unvorhersehbar sind die Entwicklungen, denen Gesellschaft, Politik und Märkte ausgesetzt sind. Dies bedeutet auch eine besondere Herausforderung für die Versicherungsindustrie. Mehr als andere Branchen ist sie bislang auf Verlässlichkeit und Berechenbarkeit ausgerichtet; sie kalkuliert mit Stabilität und definierten Modellen. Doch schon heute stoßen Versicherungsunternehmen hierbei zum Teil an ihre Grenzen.
Das instabile Politik- und Marktumfeld und der gesellschaftliche Wandel zwingen die Versicherer, ihr gesamtes geschäftliches „Ökosystem“ von Grund auf zu überprüfen und in Teilen neu auszurichten. Spitzenkräften kommt in dieser Situation eine besondere Verantwortung zu. Ihre Weitsicht, ihre Risikobereitschaft und ihre Fähigkeit, überzeugende Visionen zu entwerfen und zu verkaufen, entscheiden absehbar über den Fortbestand ganzer Organisationen. Dabei besteht die Aufgabe der Manager nicht allein darin, zukunftsweisende Geschäftsmodelle für die Versicherungsindustrie zu kreieren. Sie müssen auch ein kulturelles und strukturelles Umfeld schaffen, das bei den Mitarbeitern Kreativität und Innovationskraft freisetzt und dafür sorgt, dass das Unternehmen lernt, deutlich besser als in der Vergangenheit mit ungewissen und sich dynamisch verändernden Rahmenbedingungen umzugehen. Dies gelingt freilich nicht, wenn die gesamte Last des Wandels allein von einer Spitzenkraft geschultert werden muss. Die Herausforderung besteht darin, einen solchen Veränderungsprozess mit einem umfassenden Ansatz anzugehen. Hierfür ist es hilfreich, vier Dimensionen gleichwertig und gleichzeitig in den Blick zu nehmen. Die besten Aussichten auf erfolgreichen – und vor allem nachhaltigen – Wandel hat derjenige, dem es gelingt:
- einzelne Mitarbeiter zu motivieren und anzuleiten
- effiziente Teams aufzustellen
- diese Teams in einen organisatorischen Kontext einzubetten, der Veränderungen ermöglicht
- und all dies durch eine Kultur zu unterstützen, die mit Rückschlägen, neuen Wegen und ungeplanten Herausforderungen konstruktiv umgeht.
Passende Persönlichkeiten für Zeiten der Ungewissheit
Beginnen wir mit der Führungsspitze. Die Branche braucht Persönlichkeiten, die ihre Führungspotenziale auch in einem Umfeld andauernden Wandels entfalten. Zwar müssen Spitzenkräfte nach wie vor die „klassischen“ Führungskompetenzen wie Entscheidungsfähigkeit oder Strategieorientierung mitbringen. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch ihre Kompetenz, mit einem hohen Grad von Ungewissheit und Komplexität umgehen zu können. Die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen gewinnt somit gegenüber dem Managen des Status quo erheblich an Bedeutung.
Wo bislang geradlinige Laufbahnen die Regel waren, sind nunmehr Spitzenkräfte mit heterogenen Führungserfahrungen gefragt. Die Forschung gibt Hinweise, wohin der Weg gehen sollte. Studien zeigen, dass sich insbesondere diejenigen Führungskräfte im Umgang mit komplexen Herausforderungen bewähren, die in ihrem bisherigen Werdegang bereits mit vielfältigen Kontexten und Perspektiven konfrontiert wurden. Da solche „bunten“ Karrieren in der Versicherungswirtschaft immer noch die Ausnahme sind, kann es deshalb ein Ansatz sein, gezielt Manager aus fremden Branchen zu rekrutieren. Gerade Führungskräfte, die bei ihren vorherigen Arbeitgebern strukturelle Veränderungen erfolgreich bewältigt haben, können wertvolle Erfahrungen einbringen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, den organisationseigenen Nachwuchs zukünftig nach vielfältigeren Kriterien – insbesondere auch im Sinne einer breiter angelegten „Diversity“ – zu fördern und zu entwickeln.
Wo der Umgang mit zukünftigen Herausforderungen zum Entscheidungskriterium für die Rekrutierung einer Führungskraft wird, lohnt auch ein entwicklungsbezogener Blick auf ihre Fähigkeiten. Unternehmen sollten dafür nicht nur die bisherigen Leistungen ins Visier nehmen, sondern vor allem das Führungspotenzial geeigneter Kandidaten betrachten. Damit sind die professionellen und persönlichen Wachstumsmöglichkeiten einer Person gemeint – Möglichkeiten, die gerade dann entscheidend sind, wenn klar ist, dass die Führungsherausforderungen in drei oder fünf Jahren deutlich andere sein werden als heute.
Während Kompetenzen also das erwiesene Führungsverhalten abbilden, zeigt Potenzial auf, was einer Persönlichkeit möglich ist, auch wenn es heute noch nicht in der Praxis zum Einsatz kommt. Wie lässt sich jedoch beurteilen, ob ein Manager aus der „zweiten Reihe“ oder ein Talent aus der Konsumgüterbranche das Zeug für eine Spitzenposition bei einem Versicherer hat? Zweifellos kann man von den in der Vergangenheit erbrachten Leistungen auf Stärken und Charakterzüge schließen, die Hinweise auf vorhandene Führungskompetenzen geben. Das aussagekräftigere Bild ergibt sich jedoch aus einer Analyse, die auch das Potenzial für neue, zum jetzigen Zeitpunkt noch unabsehbare Aufgaben berücksichtigt. Und gerade auf dieses Potenzial kommt es an, wenn andere Blickwinkel und Ideen in das Führungsteam einfließen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen hat Egon Zehnder ein Potenzialmodell entwickelt, das vier Merkmale bewertet. Diese Eigenschaften und Wesenszüge stehen „hinter“ den klassisch messbaren Kompetenzen – sie sind eine Art Treiber für persönliches wie professionelles Wachstum.
Die vier Potenzialtreiber sind:
- Neugier: das proaktive Streben nach neuen Erfahrungen, Ideen und Kenntnissen. Die Bereitschaft, andauernd Neues zu lernen und sich zu verändern
- Ganzheitliches Denken: die Fähigkeit, komplexe Informationen zu erfassen und sinnvoll zu verarbeiten
- Überzeugungskraft: die Fähigkeit, Emotion und Intellekt der Mitarbeiter zu stimulieren, sie für eigene Visionen zu gewinnen und sie zum Engagement zu bewegen
- Entschlossenheit: die Fähigkeit, mit Vernunft Risiken einzugehen, in schwierigen Situationen zu bestehen und nach größeren Rückschlägen schnell wieder Tritt zu fassen
All diese Eigenschaften sind weniger erlernbar als in der Persönlichkeit einer Führungskraft angelegt. Umso wichtiger ist die Analyse, in welchem Maße sie bei (zukünftigen) Führungskräften vorhanden sind. Auf Grundlage der Ergebnisse einer solche Analyse können auch Aussagen über Fähigkeiten getroffen werden, die ein Kandidat noch nicht in der Praxis erproben und beweisen konnte, etwa weil seine berufliche Laufbahn erst verhältnismäßig kurz oder eher linear verlief. Nur wer über nachweisbar noch nicht ausgeschöpfte Ressourcen verfügt, hat zusätzliches Führungspotenzial. Damit bietet sich die Potenzialanalyse nicht zuletzt auch an, um im eigenen Unternehmen Talente zu identifizieren, die im Rahmen von Entwicklungsprogrammen gefördert werden sollten.
Mit Blick auf die Ungewissheit der kommenden Jahre sollten Versicherungsunternehmen nicht den Fehler machen, nach der legendären „eierlegenden Wollmilchsau“ zu suchen. Eine Studie belegt, dass insbesondere die Führungsteams erfolgreich arbeiten, in denen sich auch Persönlichkeiten finden, die „anecken“ (Egon Zehnder International/McKinsey & Company 2011: Return on Leadership – Competencies that Generate Growth). Solche herausragenden Manager glänzen mit zwei, drei außergewöhnlichen Stärken. Da ist etwa der charismatische Anführer, der Menschen für eine Sache zu begeistern weiß, selbst wenn sie große Anstrengungen erfordert. Oder der visionäre Stratege, der dem Unternehmen Ziel und Richtung geben kann. Von derartigen Persönlichkeiten gehen häufig die entscheidenden Führungsimpulse aus, die dann mithilfe des Führungsteams branchenspezifisch „übersetzt“ werden können.
Führungskräfte mit eher ungewöhnlichen Persönlichkeits- und Kompetenzprofilen sind jedoch nur der erste Schritt zum Erfolg. Der beste Neuzugang bleibt wirkungslos, wenn die bestehende Führungsmannschaft nicht bereit oder fähig ist, Impulse seitens des Managers aufzunehmen und zu entfalten. Die Gefahr, dass dies passiert, ist jedoch gerade in Phasen des Wandels groß. Umso entscheidender ist es, die Integrationsphasen neuer Manager systematisch zu begleiten – aufseiten der neuen Führungskraft ebenso wie aufseiten des bestehenden Führungsteams. So lassen sich, im Zweifel mithilfe eines externen Prozessbegleiters, Reibungsverluste ebenso reduzieren wie die Wahrscheinlichkeit, dass die neue Führungskraft aufgrund übergroßer Widerstände frühzeitig das Steuer abgibt (nähere Informationen, siehe Accelerated Integration).
Teams als Keimzelle der Veränderung etablieren
Teams sind die wichtigste Keimzelle aller Veränderungsprozesse. Sie haben die Möglichkeit, Ideen nach dem Schneeballprinzip in die gesamte Organisation zu tragen. In der Führungsetage wie in allen anderen Bereichen gilt hierbei: Nur wenn ein Team mehr ist als die Summe der individuellen Kompetenzen seiner Mitglieder, entfaltet es sein volles Potenzial. Doch heute sind Führungsteams in vielen Organisationen eher Arbeitsgruppen als integrierte Teams. Da kümmern sich die Einzelnen um ihr jeweiliges Aufgabengebiet, anstatt gemeinschaftlich und übergreifend an den Herausforderungen des Unternehmens zu arbeiten. Insbesondere in beanspruchenden Veränderungsphasen ist es deshalb wichtig, mit Blick auf den Wirkungsgrad eines Teams grundlegende Fragen zu stellen:
- Besteht innerhalb des Teams Konsens über Auftrag und Zielsetzung? Kennt jedes Mitglied die individuellen Aufgaben?
- Generiert das (Führungs-)Team in ausreichendem Maß Impulse, um grundlegende Veränderungen anstoßen zu können? Vermittelt es ein überzeugendes Narrativ, das den Rest der Organisation von der Notwendigkeit des Wandels überzeugt?
- Ist das Team fähig, mutige Entscheidungen zu treffen – und ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit überzeugend zu vermitteln?
- Herrscht im Team eine Kultur des offenen Austausches? Stützen und inspirieren sich die Mitglieder des Teams in hohem Maß gegenseitig? Gibt es eine Kultur der konstruktiven Selbstkritik?
- Verfügt das Team über ausreichend Engagement, Ehrgeiz, Energie, Initiativkraft und den Mut, mit Risiken gut umzugehen und Veränderungen souverän zu bewältigen?
So schlicht diese Fragen auf den ersten Blick wirken mögen – sie haben es in sich. Unserer Erfahrung nach ist bereits die Zielsetzung eines Teams sehr häufig unklar. Kollektiv ausgegebene Ziele lassen die Implikation für den Einzelnen oft völlig offen. Entsprechend diffus sind in der Folge das Rollenverständnis und damit auch der Beitrag des Einzelnen in einer Führungsmannschaft.
Wie oben bereits angesprochen, haben Versicherungsunternehmen in den vergangenen Jahren bestimmte Kompetenz- und Rollenprofile in der Personalauswahl bevorzugt. Dies hat zur Folge, dass bestimmte Persönlichkeitstypen und damit auch Teamrollen überproportional häufig, andere hingegen gar nicht oder nur mangelhaft in der Organisation vertreten sind. Das Ergebnis ist eine Pfadabhängigkeit in Denken und Handeln, die in Veränderungsphasen den gesamten Prozess des Wandels bremsen kann. Umso wichtiger ist es, dass sich Unternehmen der Stärken und Schwächen ihrer Teams bewusst werden. Je mehr Klarheit hier herrscht, desto gezielter können sie bei Neubesetzungen darauf achten, bestimmte Führungsrollen zu integrieren, die bislang in Teams gefehlt haben.
Viele Entscheider gehen nach wie vor davon aus, dass der Blick auf die fachliche Qualifikation des Einzelnen ausreicht, um geeignete Teammitglieder zu rekrutieren. Eine fachlich hervorragende Kraft ist jedoch nicht zwangsläufig ein geeignetes Teammitglied – entscheidend sind hier vielmehr Persönlichkeitsmerkmale, die eine gelungene Interaktion in der Gruppe befördern oder eben bremsen. Hinzu kommen das Rollenverhalten und die individuelle Ausprägung der professionellen Kompetenzen. Auf die Mischung kommt es an: die Kunst ist es, das richtige Maß an Heterogenität zu finden, um Teams eine maximale Leistungsfähigkeit zu ermöglichen.
Erschwerend kommt hinzu: Selbst wenn ein Team in der Vergangenheit eine Aufgabe exzellent gelöst hat, sagt dies nicht zwingend etwas über seinen Erfolg beim Bewältigen zukünftiger Herausforderungen aus. Vielmehr verlangen unterschiedliche Herausforderungen nach verschiedenen Teamprofilen, die in Dimensionen wie Balance, Energie, Resilienz, Offenheit, Effizienz oder des gemeinsamen Fokus variieren.
In Veränderungsprozessen sind hierbei insbesondere die Faktoren Ausrichtung, Gleichgewicht und Offenheit wesentlich. Um Teams entsprechend ihrer tatsächlichen Herausforderungen zu bestmöglicher Arbeit zu befähigen, hat Egon Zehnder das Team Effectiveness Review (siehe Abb.) entwickelt. Dieses Analyse-Tool nimmt die Teamkompetenz des einzelnen Teammitglieds ebenso in den Blick wie die Teamkompetenzen in ihrer Gesamtheit. Ziel ist es, Transparenz in die Interaktion des Teams zu bringen. Dabei werden Fragen beantwortet wie: Welche Verhaltensmuster werden gepflegt? Wie nehmen die Teammitglieder die bisherige Arbeit wahr? Wo bestehen kollektive Stärken, wo gibt es Schwächen? Mithilfe von sechs definierten Teamdimensionen gelingt es, die Effektivität eines Teams genau zu analysieren – und in der Folge Stärken wie auch sinnvolle Entwicklungsfelder aufzuzeigen.
Die Effektivität von Teams
Von der Absicherungs- zur Innovationsstruktur der Organisation
In der Regel beginnen Veränderungsprozesse mit dem Umbau der Organisationsstruktur, bevor der Einzelne in den Blick genommen wird. Zunehmend zeigt sich jedoch, dass der Weg in umgekehrter Richtung bessere Ergebnisse zeigt. Wandel beginnt mit Impulsen von der Spitze, wird durch engagierte, kreative Teams in die Breite der Organisation getragen und zeigt sich erst im letzten Schritt in deren formaler Struktur.
Wer über Strukturen nachdenkt, sollte nicht nur Effizienzmerkmale in den Blick nehmen. Vielmehr geht es darum, die gesamte Funktionsweise der Organisation an den Herausforderungen des Veränderungsprozesses auszurichten. Dies hat auch Folgen für die Erfolgskriterien, anhand derer die Organisation ihre eigene Performance bewertet. So sollten der Innovationsgrad, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit oder das wirkungsvolle Talent Management elementare Gradmesser in Zeiten von Veränderung sein.
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll zu fragen, inwiefern Spitzenkräfte ausgewählten Change Promoters im Laufe des Veränderungsprozesses zusätzlichen Handlungsspielraum verschaffen können. Ein Ansatz ist es, einzelnen Teams das Experimentieren abseits etablierter Strukturen zu ermöglichen – und so Innovationspotenzial freizusetzen, das im gegebenen System vermutlich ungenutzt bleiben würde. Diese Teams sollen und dürfen Alternativen zum Status quo entwickeln und umsetzen. Wichtig ist hierbei, dass Schlagworte wie „mehr Verantwortung“ oder „mehr Unternehmertum“ zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im Unternehmen mit Leben gefüllt werden. Ansonsten drohen sie als leere Floskeln abgetan zu werden, noch bevor der Veränderungsprozess die Umsetzungsphase in der Breite erreicht hat.
Unternehmenskultur als Katalysator
Versicherer brauchen mehr denn je Mut zum Risiko. Neue Erfolgskonzepte sind am ehesten durch Trial and Error zu entwickeln. Gerade an Fehlerkultur mangelt es jedoch oft – Versicherungsunternehmen, deren Kernkompetenz die Beurteilung von Risiken ist, setzen auf Berechenbarkeit. Wer aber über Veränderungen nachdenkt, die auch die Strukturen und das Geschäftsmodell umfassen, muss notwendigerweise den Faktor der Unternehmenskultur einbeziehen. Befördert der kulturelle Status quo die angestrebten Veränderungen oder läuft er ihnen eher zuwider? Inwiefern decken sich der kulturelle Anspruch des Unternehmens und die Wahrnehmung der gelebten Kultur aufseiten der Mitarbeiter? Befördern die bisherigen Unternehmenswerte die neue Strategie?
Antworten auf diese Fragen bietet eine systematische Werte- und Kulturanalyse. Sie ermöglicht den Abgleich zwischen dem wahrgenommenen Status quo und dem „kulturellen Soll“ und liefert somit wichtige Erkenntnisse über kulturelle Stärken im Unternehmen – ebenso wie über Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Insbesondere neue Führungsspitzen können auf diese Weise wichtige Informationen darüber gewinnen, wie die Organisation „tickt“. Interviews mit Mitarbeitern und ausgewählten externen Akteuren geben Einblicke, wie das Unternehmen von innen wie außen gesehen wird. Die Werte- und Kulturanalyse gibt der Unternehmensspitze im Zuge von Veränderungsprozessen die Möglichkeit, Deckungsgleichheit zwischen der neuen Strategie und den gelebten Werten der Organisation herzustellen. Die Ergebnisse der Analyse bieten die Grundlage dafür, die bestehenden Werte nach Bedarf zu erweitern oder zu schärfen – bei gleichzeitigem Beschließen konkreter Schritte, um sie auf allen Unternehmensebenen erlebbar zu machen und mit der (neuen) Strategie zu verzahnen. Zugleich haben die Werte Konsequenzen für die Unternehmensstruktur: Wer Innovationsfähigkeit als Kernwert identifiziert, benötigt mutmaßlich andere Arbeitsprozesse als ein Unternehmen, das besonderen Wert auf Kontinuität legt. Darüber hinaus erleichtert die Gewissheit über strategiekonforme Unternehmenswerte das Rekrutieren von Führungskräften, deren professionelles und persönliches Profil zur Unternehmenskultur passt.
Der Artikel ist im Buch Change Management in Versicherungsunternehmen – Die Zukunft der Assekuranz erfolgreich gestalten erschienen. Herausgeberin ist Gabriele Zimmermann (Verlag Springer Fachmedien Wiesbaden, 2015)