Wie umgehen mit der AfD? Diese Frage treibt auch Deutschlands Top-Manager:innen um. Das Handelsblatt hat dazu ausgewählte Führungspersönlichkeiten befragt, darunter auch Deutschland-Chef Hanns Goeldel und Egon Zehnder Partner Thorsten Gerhard. Eine Umfrage von Egon Zehnder, die unter 185 Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsräten deutscher Weltmarktführer durchgeführt wurde, hat ergeben, dass drei von vier Unternehmensverantwortlichen es „inmitten geopolitisch unruhiger Zeiten“ für „unbedingt notwendig“ erachten, sich stärker in die politische Debatte einzumischen. Thorsten Gerhard, der für die Umfrage verantwortlich zeichnet, konstatiert: „Es rumort in den Führungsetagen deutscher Konzerne.“ Und weiter: „Es ist eine Zeitenwende in der Unternehmensführung.“ Die Haltung, dass man über Politik nicht spricht, gelte nicht mehr.
Auf die Frage, wer aus der Wirtschaft sich wie zu politischen Themen äußern sollte, gibt Goeldel zu bedenken, dass die Äußerungen „zu Person und Funktion“ passen sollten. Ein Strategiechef könnte sich zu Geopolitik äußern, ein Personalvorstand zur Migrationspolitik. Ein CEO sollte und könnte grundsätzlich zu jedem politischen Thema sprechen, was ihn oder sie persönlich bewege. Die Grundhaltung der Wirtschaft sollte dabei „konstruktiv“ und „optimistisch“ sein, sagt Goeldel. Jammern oder Lamentieren oder gar Beschuldigen helfe nicht weiter, so der Experte. Gute Manager:innen oder Unternehmer:innen zeichneten sich gerade dadurch aus, dass sie mit verschiedenen, sich ständig ändernden Rahmenbedingungen klarkämen.
„Anstatt Ansagen nach dem Motto ‚Geht demonstrieren!‘ oder ,Wählt nicht die AfD!‘ zu machen, sollten Führungspersönlichkeiten einordnen und erklären.“ Denn, so ist sich Goeldel sicher: „Die Wirtschaft genießt Vertrauen, Umfragen zufolge mehr als die Politik.“
In der aktuellen Situation tun sich für ihn besonders zwei Führungspersönlichkeiten hervor: Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des Familienunternehmens Trumpf, die sich bereits im Gespräch mit dem Handelsblatt klar gegen die AfD positioniert hat. Und BASF-CEO Martin Brudermüller. Dieser habe „unmittelbar und klar“ mit dem Hashtag „#niewiederistjetzt“ auf LinkedIn vor Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gewarnt.
Tanja Kewes: Führungskräfte: Wie umgehen mit der AfD?, in: Handelsblatt, 14.02.2024, Nr. 32